Abbey Road Studios – das vielleicht bekannteste Tonstudio der Welt

Die Abbey Road Studios im Londoner Stadtteil Westminster gelegenen, gehören neben den Polar Studios von ABBA und den SUN Studios (Elvis Presley) zu den legendärsten Studios der Musikgeschichte. Das Studio wurde nach der gleichnamigen Straße benannt. Weltberühmt wurde es aber erst durch das Cover der Beatles LP. Die Abbey Road Studios gehören zum britischen Plattenkonzern EMI.

Die Geschichte des Gebäudes in dem die Abbey Road Studios unter der Adresse: 3 Abbey Road, St. John’s Wood (City of Westminster), London NW8 9AY untergebracht sind, begann hingegen schon im Jahre 1830. Dort wurde ein Wohngebäude im georgianischen Baustil errichtet. Für 16.500 Pfund wurde am 03. Dezember 1929 das Gebäude von der „The Gramophone Company Ltd.“ erworben. Für damals 100.000 Pfund wurde das Haus in ein Tonstudio umgebaut.

Die erste Aufnahme die im neuen Tonstudio nach der Eröffnung am 12. November 1931 entstand war eine Aufnahme von „The Land of Hope and Glory“ mit dem „London Symphony Orchestra“ unter Sir Edward Elgar. Die EMI ließ in den Studios fortan alle klassischen symphonischen Werke aufnehmen. Es folgte Falstaff (Symphonische Studie in C-Moll, Opus 68), ebenfalls am 12. November 1931 und 4. Februar 1932 in Studio 1 aufgenommen. Elgar nutzte Studio 1 künftig für Klassikaufnahmen, unter anderem für das Violinkonzert in h-moll (Opus 61) mit dem damals 16-jährigen Yehudi Menuhin, das hier am 14. und 15. Juli 1932 aufgenommen wurde. Menuhin hat hier fast 250 Werke aufgenommen und gehört damit zu den intensivsten Nutzern der Studios.

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Am 16. September 1944 machte hier der legendäre Glenn Miller zusammen mit Dinah Shore seine letzten sechs Aufnahmen bevor er im Dezember 1944 auf dem Flug nach Paris über dem Ärmelkanal wahrscheinlich mit dem Flugzeug abstürzte.

George Martin kam bereits im Oktober 1950 zur EMI. 1955 wurde er zum Chef des Tochterlabels Parlophone Records ernannt. Parlophone war eigentlich ein Klassik-Label, doch unter Martin entwickelte es sich zum Jazz- und Comedy-Label.

Im Dezember 1952 wurde eine Single „I Went to Your Wedding / I Will Never Change“ von einem gewissen Dick James veröffentlicht. James sollte später zu einem der einflussreichsten und erfolgreichsten britischen Musikverleger und -unternehmer werden, als er die Beatles verlegt und Elton John entdeckt. George Martins erster Tophit wurde das am 30. Mai 1961 veröffentlichte „You’re Driving Me Crazy“ von den Temperance Seven im Vaudeville-Stil, das bei EMI aber nicht angekommen ist. Später wurde George Martin berühmt als Produzent der Beatles und anderer Popbands, die in deren Gefolge einen Plattenvertrag erhielten wie z.B. Gerry & The Pacemakers. Alleine im Jahr 1963 verblieben seine Produktionen, die bis zum ersten Rang vordrangen, dort für insgesamt 37 Wochen. Bis heute ist Martin als Produzent für unglaubliche 4.836 Titeln registriert.

Norrie Paramor war ein weiterer Produzent der den Abbey road Studios Erfolg brachte. Er war insbesondere für die Karriere von Cliff Richard und den Shadows verantwortlich. Am 24. Juli 1958 entstand mit „Move it / Schoolboy Crush“ und einem zweiten Rang in der britischen Hitparade der erste Rock-’n’-Roll-Erfolg aus den Abbey Road Studios.

1957 kam Norman Newell als Produzent in die Studios. Aber auch der Komponist John Barry, der für die meisten James Bond-Titelmusiken verantwortlich war, wurde mit seiner Band „John Barry Seven“ von Newell produziert. Ebenso war Newell für die Sängerin Shirley Bassey zuständig. Bassey kam erst im Jahr 1960 zu Columbia, wo Newell mit ihr am 21. Juni 1961 den Tophit „Climb Ev’ry Mountain“ produzierte. Bassey, die nur wenig Tophits vorweisen konnte, glaubte an einen großen Hit, wenn er nur von dem erfolgreichsten Produzenten der Studios beaufsichtigt würde. Am 20. August 1964 entstand mit „Goldfinger“ die Titelmelodie zum gleichnamigen James Bond-Film (mit komponiert von John Barry), der in den USA mit einem achten Rang dort ihr erfolgreichster Hit war, während er im Heimatland nur bis auf Platz 21 hochkam.

Die bis dahin spektakulärste Aufnahmesession

Weltweit wurde am 25. Juni 1967 die weltweit im Fernsehen live über Satellit übertragene Plattenaufnahme der Beatles zum Programm Our World übertragen. Mindestens 200 Millionen Zuschauer konnten die Beatles live bei ihren Aufnahmen zur nächsten Single mit dem Titel „All You Need Is Love“ beobachten. Im Studio 1 waren neben den Beatles die 13 Mitglieder des Orchesters sowie insbesondere noch Mick Jagger und Keith Richards (Rolling Stones), Keith Moon (The Who), Eric Clapton (Cream), Graham Nash (The Hollies) oder Marianne Faithfull, die mitsingen und Hände klatschen durften. Die Endabmischung fand am 26. Juni 1967 statt, veröffentlicht wurde die Single bereits am 7. Juli 1967. Das am 26. September 1969 von den Beatles veröffentlichte Album wurde nach den inzwischen weltberühmten Studios benannt und zeigt die vier auf dem Cover, wie sie den Zebrastreifen vor den Studios überqueren.

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Weitere Erfolge und aus den Abbey Road Studios

Elf Hit-Singles von Helen Shapiro sind hier entstanden, wie auch den am 28. Juli 1961 aufgenommenen Tophit „Walking Back To Happiness“. In der Beatband-Ära entstanden hier die großen Hits der Seekers oder Hollies. Pink Floyd nahmen nicht nur ihr Debüt-Album „The Piper at the Gates of Dawn“ mit Produzent Norman Smith hier auf, sondern beinahe alle nachfolgenden Alben. Dazu gehörten „The Dark Side of the Moon“ (März 1973) und „Wish You Were Here“ (September 1975). Duran Duran spielten hier „Notorious“ (November 1986) ebenso ein wie Oasis die LP „Be Here Now“ (Oktober 1996) oder „Dig Out Your Soul“ (Oktober 2008). 1972 wurde dort Ornette Colemans Album „Skies of America“ eingespielt. Phil Ramone produzierte am 23. März 2011 den Jazz-Klassiker „Body and Soul“ für Amy Winehouse und Tony Bennett in den Abbey Road Studios, die letzte Studioaufnahme von Amy Winehouse vor ihrem Tod am 23. Juli 2011.

Filmmusik aus den Abbey Road Studios

Von 1981 an wurde das Studio 1 auch als Aufnahmestudio für orchestrale Filmmusiken benutzt. Der erste Film, der hier seine musikalische Untermalung erhielt, war „Jäger des verlorenen Schatzes“ mit Harrison Ford und der Musik von John Williams, der am 12. Juni 1981 in den USA in die Kinos kam. Auch die Musik für Peter Jacksons „Der Herr der Ringe“ und die Soundtracks für die „Harry-Potter-Filme“ wurden hier aufgenommen.

Die Aufnahmetechnik der Abbey Road Studios

Üblicherweise wurden in Studios immer die neuesten technischen Errungenschaften eingesetzt. Die erste Vierspur-Stereo-Tonbandmaschine (Telefunken) wurde 1959 angeschafft, die für klassische Aufnahmen vorgesehen war. Im Jahr 1962 wurden erstmals Schweizer Studer C37 Vierspur-Tonbandmaschinen eingesetzt. Erste Aufnahmen hiermit wurden am 10. Mai 1962 von Cliff Richards Titel „Bachelor Boy“ gemacht. Als ab 1964 EMI’s Popgruppen ebenfalls Bedarf anmeldeten, wurden im Juni 1964 acht Studer J37 angeschafft, die bis Ende 1968 in Betrieb blieben. Die Beatles wurden noch mit Zweispurtechnik bis zur Aufnahme von „I Want to Hold Your Hand“ aufgenommen, erst bei dieser wurde am 17. Oktober 1963 Vierspurtechnik angewandt. Das REDD Mischpult war eine Entwicklung des Tonmeisters Peter K. Burkowitz. Das legendäre Konzeptalbum „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ der Beatles wurde durch Verbindung zweier Vierspurgeräte (Studer J37) in der Rekordzeit von 129 Tagen zwischen November 1966 und April 1967 aufgenommen. Die Beatles haben mit ihrem Produzenten George Martin, die weltweit üblichen Aufnahmetechniken revolutioniert. Soundeffekte wie Rückwärtsaufnahmen mit Flanging, Phasing, Soundcollagen oder kontrolliertes Feedback waren in dieser Intensität in der Popmusik noch nicht eingesetzt worden. Die Abbey Road-Studios wurden damit zum Trendsetter einer weltweit adaptierten, neuartigen Tontechnik. Das Automatic oder Artificial double-tracking (ADT) wurde ab 7. April 1966 in den Studios bei Beatles-Aufnahmen von Tontechniker Ken Townsend während der Aufnahmen zum Album „Revolver“ entwickelt. Im Jahr 1968 entwickelte EMI ein Achtspurgerät mit 24 Eingängen, das für das Album „The Beatles“ eingesetzt wurde, 1974 verband man zwei 24-Spur-Tonbandmaschinen zu einer 48-Spur-Technik.

Studio 1, das weltweit größte Tonstudio

Der Gebäudekomplex wurde baulich angepaßt und umfaßt drei große Tonstudios jeweils mit Kontrollräumen. Studio 1 ist das weltweit größte Tonstudio in dem ein Symphonie-Orchester (110 Personen und gleichzeitig einen 100-Personen-Chor) aufnehmen kann. Im Kontrollraum befindet sich eine Konsole für 72 Eingänge. Studio 2 hat eine Aufnahmekapazität von 55 Personen. Im Penthouse ist noch ein weiterer Kontrollraum für digitales Mixen und ein Isolierraum für die Aufnahme einzelner Instrumente untergebracht. Hier befindet sich die größte Konsole der drei Studios mit 96 Kanälen. Die Beatles kamen hierhin erstmals zum Vorsingen am 6. Juni 1962, ihre erste offizielle Aufnahmesession fand für „Love Me Do“ in Studio 2 am 11. September 1962, die letzte Aufnahmesession zu „I Me Mine“ am 3. Januar 1970 statt.

Zwischen 1952 und 1982 entstanden in den Abbey Road-Studios insgesamt 74 Nummer-eins-Hits, davon 15 der Beatles. Beinahe alle Alben und Singles der Beatles wurden hier aufgenommen, wobei fast immer George Martin als Produzent fungierte, Norman Smith war der Toningenieur und Chris Neal der Zweite Toningenieur. Alleine auf die drei wichtigsten Produzenten George Martin, Norman Newell und Norrie Paramor entfallen 6.452 produzierte Musiktitel. Die Abbey Road-Studios waren und sind stark ausgelastet, sodass Publikumsverkehr nicht eingeplant wird. Interessenten können die Studios nur von außen betrachten. Im Februar 2010 wurden die Tonstudios zu einem historischen Gebäude erklärt und unter Denkmalschutz gestellt.

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Seit 2010 bietet das Abbey Road Institute ein einzigartiges Ausbildungsprogramm an. Der Lehrplan umfasst die drei Hauptbereiche Music Theorie and Production, Sound Engineering and Acoustics und Management and Business. Gearbeitet wird nach dem Prinzip des Progressive Continuous Learning (PCL), bei dem Module in kleinere Themengebiete aufgeteilt und diese schrittweise und in logischer Reihenfolge in Theorie und Praxis vermittelt werden. Der Unterricht wird von Lehrkräften und Experten der Musikindustrie erteilt. In den Tonstudios der Institute lernen die Teilnehmer sowohl an modernem als auch Vintage-Equipment.

Weitere Informationen zu den Abbey Road Studios unter:

https://www.abbeyroad.com

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