Viele von uns haben früher die Musik über einen Walkman (lange vor i-pod und Co.) gehört oder haben lange Zeit damit verbracht Musik auf die Compact Cassette aufzunehmen. Irgendwie ist es ein Stück Nostalgie. Nun ist Lou Ottens am 6. März 2021 im niederländischen Duizel nahe Eindhoven im Alter von 94 Jahren gestorben.
Ottens revolutionierte mit der Compact Cassette die gesamte Musikwelt. Später entwickelte er mit der CD deren Ablösung gleich mit. Er brachte die Musik damit ins digitale Zeitalter. Die Musikwelt trauert um einen genialen Technikpionier, der die Musik tragbar machte.
Der niederländische Ingenieur Lodewijk Frederik „Lou“ Ottens legte mit der Entwicklung der Compact Cassette (auch Audio- oder Musikcassette) in den 1960er Jahren den Grundstein für die moderne Art des Musikkonsums. Erst der Entwicklung der Compact Cassette wurde Musik wirklich mobil. Spätestens 1979 mit der Markteinführung von Sonys Walkman war die Musik nun auch überall verfügbar.
Lou Otens war ein Tüftler mit viel technischem Geschick
Am 21. Juni 1926 kam Ottens im niederländischen Bellingwolde zur Welt. Schon früh zeigte sich sein Pioniergeist und technisches Verständnis. In einem Zeit Interview sagte Ottens folgendes: „Während des zweiten Weltkriegs baute ich ein illegales Radio mit speziellem Germanen-Filter.“ Damit ließ sich Radio London trotz Störsender der deutschen Besatzer hören.
Ab 1960 entwickelte er bei Philips in Zusammenarbeit mit Grundig ein gemeinsames System, zumindest offiziell: Grundig wusste nichts davon, dass Philips heimlich einen eigenen Rekorder entwickelte. Philips setzte sie kurz vor der Markteinführung 1963 davon in Kenntnis. Dies hatte zur Folge hatte, dass Grundig sofort jede Kooperation beendete.
Weltpremiere der Compact Cassette auf der IFA 1963
Auf der IFA 1963 stellte Philips den EL 3300 als tragbaren Cassetten Player vor, inklusive der Compact Cassette als passenden Datenträger. Bereits auf der Messe fiel ihnen auf, dass besonders Besucher der japanischen Konkurrenz ein reges Interesse für die Marktneuheit zeigten.
Philips beschloss, um möglichen Plagiaten und ähnlichen Systemen zuvorzukommen, sich einen erfahrenen asiatischen Hersteller ins Boot zu holen. Mit Sony gelang das auch. So hatten sie einen Mitspieler mit Marktmacht auf ihre Seite gezogen, der zudem auf dem japanischen Markt aktiv war.
Und die Strategie trug Früchte: Sie waren nicht nur die Ersten auf dem Markt. Das Compact Cassette-System setzte sich auch durch, ganz zum Leidwesen von Grundig. 1965 ging Grundig mit einem Konkurrenzsystem auf den Markt. Zwei Jahre später war das Ende davon auch schon besiegelt.
Bereits 1972 startete die Entwicklung der Compact Disc
Bereits ab 1972 entwickelte Ottens als Chef im NatLab (Natuurkundig Laboratorium) ein Nachfolgeprojekt mit dem Arbeitstitel ALP (Audio Long Play). Ottens überzeugte die Philips-Konzernspitze mit seinem Konzept und erhielt im November 1977 grünes Licht für den Status als offizielle Produktentwicklung. Das System, welches später den Namen Compact Disc erhielt, wurde ursprünglich als ernsthafter Nachfolger der Schallplatte positioniert.
Während einer Vorführung bemerkte Lou Ottens das sein System wirklich das Zeug zum Erfolg hat. Konosuke Matsushita, der Seniorchef des gleichnamigen Konzerns war während der Demonstration der Klangqualität vornehm zurückhaltend. Musik in einer dermaßen hohen Qualität, gespeichert auf einer 12 Zentimeter großen Scheibe, verblüffte ihn dermaßen, dass er das nicht verbergen konnte. Da Matsushita bereits an einem eigenen System forschte, holte man wieder Sony als Partner ins Boot.
Die Beteiligung von Sony an der Entwicklung der CD erwies sich als absolut richtige Entscheidung. Das Unternehmen brachte durch eigene Vorentwicklungen wichtige Änderungen der Signalverarbeitung, der Fehlerkorrektur und des notwendigen Lasers ein. Im August 1982 kam mit dem Sony CDP-101 der erste Serien-CD-Player auf den Markt.
Lou Ottes und Video 2000
Lou Ottens arbeitete ängst an einem anderen Projekt. Mit dem Einstieg Sonys wechselte er 1979 zur Philips Video Main Industry Group. Dort sollte er die Markteinführung von Video 2000 begleiten, die im Vergleich zu den Konkurrenzformaten VHS und betamax verzögert erfolgte.
Und erstmals hatte Ottens mit einem neuen System keinen Markterfolg. Video 2000 musste sich, obwohl den anderen Systemen überlegen, nach technischen Problemen und weiteren Schwierigkeiten dem VHS-System, dem Konkurrenten von JVC geschlagen geben und Philips wendete sich 1985 von Video 2000 ab. Bis zur Rente 1986 erarbeitete Ottens für den Konzern.
Die neuen digitalen Formate haben Kassettenrekorder und CD-Spieler verdrängt. Viele erinnern sich gerne an in ihre ersten Tapes mit selbst aufgenommener Musik oder an die Hörspiele die wir als Kind vom ersten eigenen Kassettenrekorder im Kinderzimmer gehörtt haben . Alles das war möglich, weil Lou Ottens die Zeichen der Zeit erkannte und durch Entwicklung der Kassette und CD die Musik tragbar machte.
Vielen Dank für viele schöne Stunden mit der Compact Cassette