Django Reinhardt betätigte sich schon sehr früh als Musiker, und gilt als Begründer bzw. Vorreiter des europäischen Jazz. Am 23. Januar 1910 kam er als Jean Reinhardt in Liberchies, Belgien zur Welt. Als Kind lebte er zunächst in Nizza, Italien, Korsika und Nordafrika bevor die Familie ein Zuhause in einer Wohnwagensiedlung am Stadtrand von Paris fand. Django lernte früh Violine, Banjo und schließlich Gitarre zu spielen und begann seine Karriere als professioneller Musiker als Zwölfjähriger mit dem Akkordeonisten Guérino. 1928 begleitete er auf ersten Schallplatten-aufnahmen die Akkordeonisten Jean Vaissade, Victor Marceau und Maurice Alexander.
Am 2. November 1928 schlug das Schicksal zu und Django Reinhardt erlitt schwere Verletzungen beim Brand seines Wohnwagens. Djangos rechtes Bein war gelähmt und seine linke Hand wurde stark verbrannt; daneben erlitt er am Körper schwere Verbrennungen. Die Ärzte hatten vor, das Bein zu amputieren, doch Reinhardt erholte sich von den Verletzungen. In den folgenden anderthalb Jahren der Rehabilitation entwickelte Django Reinhardt eine neue virtuose Spieltechnik, bei der er für das Spielen der Melodie lediglich Zeige- und Mittelfinger einsetzte. Für Akkorde konnte er in beschränktem Maße den Ringfinger und kleinen Finger zu Hilfe nehmen, deshalb benutzte er ausgiebig den Daumen. Die Behandlungen und Rehabilitationsmaßnahme waren im Frühjahr 1930 abgeschlossen. Die Beziehung zu seiner Frau scheiterte.
Anfang der 1930er Jahre spielte Reinhardt im Orchester des Violinisten Michel Warlop und trat in Pariser Cafés auf. 1934 entdeckten ihn Pierre Nourry und Charles Delaunay für den Hot Club de France. Diese hatten die Idee, ein nur von Saiteninstrumentalisten besetztes Ensemble zusammenzustellen, angeblich stellten sie Reinhardt dem Violinisten Stéphane Grappelli vor. Nach Proben im Hotel Claridge wurde das legendäre Quintette du Hot Club de France gegründet, in dem neben Reinhardt und Grappelli die Rhythmusgitarristen Joseph „Nin-Nin“ Reinhardt (Djangos Bruder) und Roger Chaput sowie als Bassist Louis Vola mitwirkten, in dessen Orchester die Musiker bis dahin regulär spielten.
Dieses Quintett wurde ein Sensationserfolg. 1943 versuchte Django Reinhardt in die Schweiz zu gelangen, wurde aber an der Grenze zurückgewiesen. Nach Paris zurückgekehrt, bewahrten ihn seine Berühmtheit und die Beliebtheit seiner Musik bei der französischen Bevölkerung (und auch bei einigen Besatzungsoffizieren, etwa Dietrich Schulz-Köhn) davor, wie viele seiner Verwandten als Zigeuner verfolgt und in einem Konzentrationslager umgebracht zu werden. Bis zum Ende des Krieges blieb er unbehelligt in Paris, hielt sich aber bedeckt und mied die Öffentlichkeit in der Hauptstadt. 1944 nahm Django Reinhardt die Zigeunermesse auf, die sein damaliger Klarinettist Gérard Lévêque zu Papier brachte. Die auf einer Kirchenorgel durch Léo Chauliac eingespielte Messe wurde aber erst weit später veröffentlicht. Lévêque notierte auch eine sinfonische Komposition Reinhardts. Laut Charles Delaunay enthielt diese Sinfonie teilweise so gewagte Harmonien, dass sie für den Dirigenten Jo Bouillon Probleme aufwarf. Die Partitur ging verschollen; einige Kompositionen daraus wurden im Jazzkontext verwendet.
Im Januar 1945 war Django Reinhardt mit den Glenn Miller All Stars im Plattenstudio; von Oktober bis Dezember 1945 nahm er mit der amerikanischen Air Transport Command Band unter der Leitung von Sgt. Jack Platt eine Reihe von Stücken auf, darunter Djangology und den Uptown Blues. Bei diesen Aufnahmen handelte es sich um Live-Mitschnitte für den AFN, die später auf Platte veröffentlicht wurden.
1946 trat Django Reinhardt in Amerika mit dem Duke Ellington Orchestra auf. Leider sind von dem Auftritt am 20. November im Civic Opera House in Chicago nur vier Aufnahmen erhalten, die als „The Great Concerts: Duke Ellington: Chicago 1946“ auf Doppel-CD veröffentlicht wurden.
Ab 1947 spielte Django Reinhardt hauptsächlich elektrisch verstärkte Gitarre, wobei die Melodielinien z. T. deutlich bop-orientierter wurden. 1947 nahm er – mit akustischer Gitarre – auch wieder mit Stéphane Grappelli eine Reihe von Titeln auf (u. a. How High the Moon). Einige der Highlights von Django Reinhardts Aufnahmen mit elektrisch verstärkter Gitarre wurden 1947 in den Pariser RTF-Studios aufgenommen. Erwähnenswert sind die Sessions vom 22. September und 13. November 1947.
Im Dezember 1948 wurde ein Konzert des Quintetts im Théâtre des Galeries in Brüssel mit Hilfe eines von Django Reinhardt gekauften Tonbandgeräts mitgeschnitten. Im Januar/Februar 1949 nahmen Reinhardt und Grappelli in Rom mit einer dreiköpfigen Rhythmusgruppe (Gianni Safred, Klavier; Carlo Pecori, Bass; Aurelio de Carolis, Schlagzeug) insgesamt 67 Titel auf, von denen einige zum Besten gehören, was Django Reinhardt je aufgenommen hat (Troublant Boléro, Nagasaki, Vous qui passez sans me voir). 1951 zog Django Reinhardt in das bei Fontainebleau gelegene Samois-sur-Seine. Im Februar desselben Jahres trat er mit einer neuen Band im Pariser Club St. Germain-des-Prés auf, die aus Bebop-beeinflussten jungen Musikern bestand. Wenn er nicht mit dieser Band spielte, widmete Django Reinhardt sich nun größtenteils der Familie, Freunden, der Malerei, dem Angeln und dem Billardspielen.
Am 15. Mai 1953 erlitt er im Café Auberge de l’Ile in Samois einen Schlaganfall. Er wurde umgehend ins Hospital von Fontainebleau gebracht, konnte jedoch nicht mehr gerettet werden. Django Reinhardt wurde in Samois beigesetzt.
Der Musikstil von Django Reinhardt
Das Neue und Besondere an der Musik Reinhardts war die Mischung aus drei verschiedenen Musikstilen: er schuf aus dem schon gängigen New-Orleans-Jazz der 1920er Jahre, den französischen Walzern (valses musettes) und der traditionellen Spielweise der Sinti (Sintimusik) einen neuen Musikstil, den Zigeuner- oder Gypsy Swing, der neben der jazzgemäßen Rhythmik durch Akkordeffekte und Stimmungen gekennzeichnet ist. Ab 1937, seit der Aufnahme von Chicago, war er ohne Zweifel der beste europäische Jazzmusiker.
Reinhardts Gitarrenspiel hat einen großen Wiedererkennungswert; dies liegt u. a. an einer Reihe von immer wiederkehrenden Spieltechniken, die besonders in seinen Soli deutlich hervortreten. Diese Techniken sind zum Teil durch die Behinderung seiner Greifhand bedingt; hier gelang es Reinhardt also, aus der Not eine Tugend zu machen.
Django selbst konnte keine Noten lesen, komponierte aber – teils in Zusammenarbeit mit Grappelli – eine Reihe von Stücken, die zu Jazzstandards wurden: etwa Nuages, Daphné, Manoir de mes rêves oder Minor Swing. Reinhardt verwendete bis 1947 vorwiegend Gitarren von dem italienischen Gitarrenbauer Mario Maccaferri. Django Reinhardts letzte Selmer-Gitarre – ein Modell von 1940 mit der Seriennummer 503 – befindet sich inzwischen in der Instrumentensammlung der Cité de la musique in Paris. Ab 1947 ist vor allem die Epiphone mit der Seriennummer 3442 zu erwähnen, die er aus den USA mit nach Frankreich gebracht hatte.