Leserbrief – warum Analog Tuner und UKW hören so wichtig ist!

Sehr geehrte Damen und Herren,

das BMW bittet bis zum 18. April 2017 um Stellungnahme zur Anpassung des § 48 TKG, hier ist unsere:

Wir lehnen den Vorschlag ab.

Es soll über eine Änderung des § 48 TKG erreicht werden, dass höherwertige Radioempfangsgeräte ab 2019 nur noch gehandelt werden dürfen, wenn diese zum Empfang normgerechter digitaler Signale geeignet sind. § 48 TKG beruht auf einer Anforderung der Universaldiensterichtlinie (RL 2002/22/EG, Art. 24). Diese bezieht sich auf die Interoperabilität von Fernsehgeräten. Eine entsprechende EU-Vorgabe für Radiogeräte besteht nicht. Zu beachten ist auch, dass drahtlose Radios unter die Richtlinie 2014/53/EU zur Bereitstellung von Funkanlagen auf dem Markt fallen, nachdem reine Empfangsanlagen, die nur für den Empfang von Rundfunk- und Fernsehsendungen bestimmt sind, bislang von den Bestimmungen der Vorläuferrichtlinie ausgenommen waren. Die Richtlinie enthält die grundlegenden Anforderungen, die die Anlagen erfüllen müssen, um auf dem Markt bereitgestellt werden zu können. Angesichts der bereits zu beachtenden umfangreichen Anforderungen stehen wir weitergehenden Regelungen zurückhaltend gegenüber. Dies ist exakt die Position der Bundesregierung, siehe Bundestagsdrucksache 18/9951.

Wir lehnen die Anpassung außerdem ab, weil es sich um einen undemokratischen, dirigistischen Eingriff in eine freie Marktwirtschaft handelt. Ziel und Inhalt der geplanten Änderung des TKG werden von der Mehrheit der Bundesbürger abgelehnt, wie laufende Diskussionen in verschiedenen Internetforen deutlich zeigen. Im Zeitalter der Vinyl-Renaissance will die Bevölkerung vor allem auch weiterhin UKW hören.

Das BMWi handelt bei diesem Gesetz nicht aus eigenem Antrieb, sondern unter dem Druck von Lobbyverbänden aus dem Kreis der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, weshalb ich befürchte, dass diese Gesetzesänderung wider alle Vernunft nicht verhindert werden kann.

Es bleibt zu kritisieren, dass die Verbraucher nun zum Kauf von Digitalempfängern gezwungen werden sollen, nachdem es die Verantwortlichen in den Rundfunkanstalten nicht geschafft haben, die Verbraucher für einen freiwilligen Kauf neuartiger Empfangsgeräte zu gewinnen.

Diese Maßnahme soll vor allem die Abschaltung von UKW beschleunigen. Es ist deshalb weiterhin zu kritisieren, dass hier erneut der Gesetzgeber dazu missbraucht wird, das Wettbewerbsverhältnis auf dem Rundfunkmarkt noch weiter zuungunsten der privaten Programmanbieter zu verzerren.

Falls wieder aller Appelle der Referentenentwurf nicht zurückgezogen wird, schlage ich, um die größere Schäden für die Allgemeinheit zu vermeiden, für die geplanten neuen Absätze 4 und 5 des § 48 TKG folgende Berichtigungen (unterstrichen) vor:

§ 48 TKG:

„(4) Jedes neu zum Verkauf, zur Miete oder anderweitig angebotene, überwiegend für den Empfang von Ton-Rundfunk bestimmte stationäre Empfangsgerät, das den Programmnamen auf einem variablen, mehrzeiligen Digitaldisplay mit skalierbaren Schriften anzeigen kann, muss mit mindestens einer den anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Schnittstelle ausgestattet sein, die es dem Nutzer ermöglicht, analog oder digital codierte Inhalte zu empfangen und wiederzugeben. Davon ausgenommen sind Bausätze für Funkanlagen, höchstwertige Geräte (sog. „HighEnd-Geräte“), sowie Mess- und Kontrollgeräte (Ballempfänger, Rundfunkpegelmessgeräte, Spektrum-Analysatoren etc.).“

Begründungen (in der Reihenfolge der Unterstreichungen):

  1. Digitale Luftschnittstellen sind in Deutschland nicht flächendeckend in ausreichender Qualität und Programmvielfalt verfügbar, weshalb mobile Geräte von der Gesetzesänderung ausgenommen werden müssen.
  2. Die Präzisierung auf variable Displays ist notwendig, damit Replikas historischer Geräte weiterhin angefertigt werden dürfen. Dort waren die Sendernamen oft auf einer Glasscheibe aufgedruckt oder als Folie eingelegt, und ein mechanischer Zeiger hat auf den aktuell eingestellten Sendernamen gedeutet. Aber auch Geräte mit einzeiligem, nicht skalierbarem Digitaldisplay gibt es bereits seit historisch relevanten Zeiträumen.
  3. Die in Laienkreisen weitverbreitete Fehlvorstellung, die Qualität digitaler Medien sei besser als die analoger Verfahren, ist unrichtig. Bei DAB+ ist sogar das Gegenteil zu unterstreichen, weil das Verfahren hoffnungslos veraltet ist und weil aus Unwissenheit in der Praxis mit viel zu geringen Datenraten (< 160 kBit/s) gearbeitet wird. Es sollte dem Kunden überlassen werden, für welches Verbreitungsmedium er sich entscheidet.
  4. Aus demselben Grund sollte auch das oberste Preissegment ausgenommen werden. Die Käufer solcher Geräte sind informiert und wissen, dass die technische Qualität von UKW-FM bei gutem Empfang von digitalen Medien mit endlicher Auflösung nicht erreicht werden kann. In dieser Preisklasse wäre es zwar kein Problem, einen DAB+-Chip mit einzubauen, der aber ungenutzt am Ende nur mehr Elektronikmüll verursachen würde. Geräte, die nicht in erster Linie zum Radiohören gedacht sind (z. B. Mess- und Kontrollgeräte), sollten ebenso ausgenommen werden.
  • 48 TKG:„(5) Vor Inkrafttreten des § 48 Absatz 4 in Verkehr gebrachte Empfangsgeräte können bis zum Ablauf von fünf Jahren nach dem Inkrafttreten zum Verkauf angeboten werden.“Begründung: In höheren Preisklassen sind wesentlich längere Lagerzeiten üblich, das sollte der neue Absatz in § 48 TKG berücksichtigen.Artikel 2 Inkrafttreten:Dieses Gesetz tritt am [einsetzen: Datum des ersten Tages des dritten auf die Verkündung folgenden Kalenderjahrs] in Kraft.

    Begründung: Diese Änderung trägt dem Umstand Rechnung, dass in der Elektronikindustrie die Neuentwicklung eines serienreifen Elektronikproduktes inkl. der notwendigen Qualifikation und der Umstellung der Produktion regelmäßig einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren benötigt.

    Weil diese Gesetzesinitiative von besonderem öffentlichen Interesse ist, verteile ich dieses Schreiben auch an die Fachpresse, damit diese die genannten Argumente verbreiten und öffentlich diskutieren kann. Die Wiedergabe dieser E-Mail, auch in Auszügen, mit oder ohne Quellenangabe, ist ausdrücklich erlaubt und erwünscht.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Altmann
Altmann Industrieelektronik GmbH
Frauenlobplatz 2
55118 Mainz

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