Die spannende Geschichte der Selmer Company

Viele bekannte Jazzmusiker wie John Coltrane, Benny Goodman, Coleman Hawkins, Louis Armstrong und Harry James spielten auf Instrumente der Marke Selmer. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Selmer Company in Paris gegründet. Spezialisiert hatte sich Selmer auf hochwertige Holzblasinstrumente, insbesondere Saxophone und Klarinetten.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts absolvierten die Brüder Alexandre und Henri Selmer ihr Studium der Klarinette am Conservatoire de Paris. Zu dieser Zeit wurden Musikinstrumente und Zubehör in der Regel per Hand angefertigt. Berufsmusiker konnten nicht umhin zu lernen, wie man nötiges Zubehör anfertigt und seine Instrumente selbst repariert oder verändert. Um 1900 hatte Henri sich einen guten Ruf für seine Rohrblätter und Mundstücke erworben und eröffnete in Paris ein Geschäft mit Reparaturwerkstatt. Bald erweiterte er sein Geschäftsfeld auf die Fertigung von Klarinetten.

Unterdessen war Alexandre in die USA ausgewandert, wo er zwischen 1895 und 1910 als erster Soloklarinettist beim Boston Symphony Orchestra, dem Cincinnati Symphony Orchestra und schließlich dem New York Philharmonic Orchestra tätig war. Bald nachdem Henri begonnen hatte, Klarinetten zu bauen, eröffnete auch Alexandre ein Geschäft in New York City, wo er von seinem Bruder produzierte Instrumente und Zubehör verkaufte. Im Jahr 1904 wurden die Selmer-Klarinetten auf der Weltausstellung in St. Louis mit einer Goldmedaille ausgezeichnet, wovon sowohl das Image der Firma als auch der Absatz ihrer Produkte profitierten.

(Bild oben John Coltrane)

Nach dem Ersten Weltkrieg kehrte Alexandre 1918 nach Paris zurück, um sich in das Familienunternehmen einzubringen, und überließ die Wahrung seiner Interessen in den USA einem Angestellten namens George Bundy. Dieser erweiterte die Vertriebs- und Einzelhandelskomponente des Unternehmens und dehnte das Sortiment auf Instrumente anderer Hersteller wie etwa der Vincent Bach Corporation, Martin und Ludwig-Musser aus.

Bald darauf entschloss sich Bundy dazu, Flöten zu produzieren. Als Konstrukteur stellte er George W. Haynes ein, der einer bekannten Familie von Flötenbauern entstammte. Für eine kurze Zeit verlegte Selmer die Fertigung der Flöten nach Boston, wo mehrere renommierte Flötenhersteller ansässig waren, um von dem dortigen Angebot an qualifizierten Fachkräften zu profitieren. Außerdem stellte Bundy den jungen deutschen Kunsthandwerker Kurt Gemeinhardt ein, der ebenfalls bei der Entwicklung der Selmer-Flöte mitwirkte.

Zu Beginn der 1920er Jahre empfand Bundy die Gegebenheiten in New York als zu eingeschränkt für sein wachsendes Unternehmen und verlegte die Produktionseinrichtungen nach Elkhart in Indiana. Dort waren bereits mehrere andere Instrumentenhersteller ansässig, so dass man auf gut ausgebildete Fachkräfte zurückgreifen konnte. Das Gebäude in New York diente noch bis 1951 als Groß- und Einzelhandlel.

(Bild oben Django Reinhardt)

Im Jahr 1927 oder 1928 – die Quellen sind sich uneins – erwarb Bundy die amerikanischen Unternehmensteile von den Gebrüdern Selmer und nannte sie fortan „Selmer U.S.A.“. Obgleich sie nunmehr rein rechtlich selbstständige Unternehmen waren, behielten Henri Selmer Co. Paris und Selmer U.S.A. jeweils die exklusiven Vertriebsrechte der Produkte des anderen. Das französische Unternehmen konzentrierte sich auf hochwertige und entsprechend teure Instrumente für professionelle Musiker, während das amerikanische Unternehmen hauptsächlich preisgünstigere Modelle für Schüler und Amateure in Großserie fertigte. In Amerika benutzte man ab 1941 zunehmend den Markennamen Bundy.

Im Laufe der 1940er Jahre hielten Kunststoffe nach und nach auch in die noch relativ überschaubare Instrumenten-Branche Einzug. 1948 konstruierte Selmer U.S.A. eine kommerziell erfolgreiche Klarinette aus Kunststoff-Spritzguss unter der Modellbezeichnung „Bundy Resonite 1400“. Im Zweiten Weltkrieg kam die Produktion und der Import aus Frankreich zum Erliegen, und von 1944 bis zum Frühjahr 1946 wurde in den Werken von Selmer U.S.A. im Rahmen der Kriegsproduktion fast ausschließlich Verpackungsmaterial für den Übersee-Export hergestellt.

Eine Zunahme der schulischen Musikerziehung führte in den 60er und 70er Jahre zu einem starken Wachstum bei den Blas- und Orchesterinstrumenten. Selmer profitierte davon und begann, andere Instrumentenhersteller zu übernehmen wie etwa Vincent Bach (Blechblasinstrumente) im Jahr 1961, Glasel String Instrument Service (Geigen), den Schlagzeughersteller Ludwig-Musser und die Lesher Woodwind Company (Oboen und Fagotte) im Jahr 1967.

Selmer Industries, die Dachgesellschaft der Selmer Company, übernahm 1995 das Unternehmen Steinway Musical Properties, die Dachgesellschaft des Klavierherstellers Steinway & Sons, und änderte ihren Namen in Steinway Musical Instruments 2003 fusionierte Steinway die Selmer Company mit einem anderen Tochterunternehmen, dem Blechblasinstrumentenhersteller C.G. Conn, zu Conn-Selmer, Inc.

Selmer-Gitarren
1931 tat sich Selmer mit dem italienischen Gitarristen und Gitarrenbauer Mario Maccaferri zusammen, um eine Palette verschiedener Gitarrentypen (das Modell „Orchestre“, eine Konzertgitarre, darüber hinaus auch Hawaii- und Tenorgitarren) zu fertigen, die auf der spezifischen Konstruktion des Italieners basierten. Maccaferris Partnerschaft mit Selmer endete bereits 1933, doch Selmer baute bis 1952 das Modell N° 807, das auch von Django Reinhardt gespielt wurde.

Eine echte Selmer-Gitarre in gutem Zustand kann bis zu 30.000 EUR und darüber kosten. Verschiedene Nachbauten werden in vielen Ländern individuell von Gitarrenbauern gefertigt. Bekannte Namen sind Dupont, Favino, Dunn und Hahl. Auch die internationalen Konzerne haben die Selmer-Gitarre wiederentdeckt; zu erwähnen wären Saga Gitane, Aria, Richwood, Kirkland u. a.

Weitere Informationen unter:
www.henri-selmer.info

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